Was sind „Toi­let­ten für alle”?

Was sind „Toi­let­ten für alle”?

Für vie­le Men­schen mit mehr­fa­cher Behin­de­rung oder schwe­rer Pfle­ge­be­dürf­tig­keit reicht eine übli­che Behin­der­ten­toi­let­te nicht aus. Sie kön­nen ein Roll­stuhl-WC nicht nut­zen, son­dern brau­chen eine Pfle­ge­lie­ge zum Wech­sel der Inkon­ti­nenz­ein­la­ge oder eines Kathe­ters. Eine so genann­te „Toilette für alle” ist eine geräu­mi­ge Pfle­ge­toi­let­te, die u.a. aus­ge­stat­tet ist mit einer höhen­ver­stell­ba­ren Pfle­ge­lie­ge und einem Patienten­lifter für den rücken­scho­nen­den Trans­fer vom Roll­stuhl auf die Liege. 

Toilette für alle im Erlebniszoo Hannover
Zur Inklu­si­on gehört eine ange­mes­se­ne Toi­let­ten­ver­sor­gung für alle Men­schen. „Toi­let­ten für alle“ sind ein wich­ti­ger Bau­stein zur gesell­schaft­li­chen Teil­ha­be von Men­schen mit schwe­ren Beeinträchtigungen.

War­um braucht man Toi­let­ten für alle?

Beispiel 1

Unse­re Toch­ter Made­line ist dau­er­be­atmet und hat eine Tetrapa­re­se (Läh­mung aller vier Extre­mi­tä­ten). Trotz aller Ein­schrän­kun­gen hat sie viel Spaß am Leben und ist ger­ne unterwegs.

Meist ist der Aus­flug jedoch nach drei Stun­den been­det, weil dann die Auf­nah­me­fä­hig­keit ihrer Win­del erschöpft ist. Eine übli­che Behin­der­ten­toi­let­te kann sie lei­der nicht nut­zen. Sie benö­tigt eine Lie­ge­mög­lich­keit zum Wech­sel der Inkon­ti­nenz­ein­la­ge und die ist in einem Behin­der­ten-WC in der Regel nicht vor­han­den. Ein Win­del­wech­sel auf dem Fuß­bo­den kommt für uns nicht infra­ge – das ist nicht nur extrem unhy­gie­nisch son­dern menschenunwürdig.

In einer „Toilette für alle“ haben wir die Mög­lich­keit, Made­lines Win­del pro­blem­los zu wech­seln.
Die gibt es inzwi­schen u.a. im Erleb­nis­zoo Han­no­ver – ein belieb­tes Aus­flugs­ziel von Made­line. Hier gibt es genü­gend Platz für ihren gro­ßen Rol­li, eine Pfle­ge­lie­ge und einen Patienten­lifter und der Win­del­wech­sel ist kein Pro­blem mehr.

Beispiel 3

Einen Aus­flug in den Zoo oder in den Frei­zeit­park oder ganz ein­fach nur einen lan­gen Stadt­bum­mel machen mit Shop­pen und „was Essen gehen“.

Oder im Fuß­ball­sta­di­on die Lieb­lings­mann­schaft anfeu­ern… und dann „müs­sen müssen“.

Für die meis­ten Men­schen kein Pro­blem, denn öffent­li­che Toi­let­ten gibt es an die­sen Orten.

Doch was tun, wenn die Win­del des Roll­stuhl­fah­rers voll ist? Oder die schwerst­pfle­ge­be­dürf­ti­ge Frau kathe­te­ri­siert wer­den muss und sie eine Lie­ge­flä­che zur Pfle­ge benö­tigt, die es in der Regel an sol­chen Orten nicht gibt?

Zuhau­se bleiben?

Die Win­del auf dem Fuß­bo­den des WCs wechseln? 

Men­schen­un­wür­dig — das darf nicht sein! Des­halb braucht man eine „Toilette für alle“!

Mit einer Freun­din und einem von ihr betreu­ten jugend­li­chen Roll­stuhl­fah­rer besuch­te ich ein gro­ßes Fest in Han­no­ver rund um das Neue Rat­haus und den Maschsee.

Nach zwei Stun­den Bum­meln durch die Zel­te und Pavil­lons muss­te die Inkon­ti­nenz­ein­la­ge des Jugend­li­chen gewech­selt wer­den. Ein gro­ßer WC-Con­tai­ner ver­sprach genü­gend Platz für die­se Akti­on. Lei­der war jedoch der WC- Con­tai­ner nur mit einer Toilette aus­ge­stat­tet, es gab kei­ne Lie­ge­mög­lich­keit, von einem Per­so­nen­lif­ter ganz zu schweigen.

Also setz­te ich mich auf den Toi­let­ten­de­ckel, nahm den Jugend­li­chen auf den Schoß und die Betreue­rin wech­sel­te die Win­del. Wäre ich nicht dabei gewe­sen, hät­te sie ihn zum Win­del­wech­sel auf den Con­tai­ner­bo­den legen müs­sen… was sie natür­lich nie­mals gemacht hät­te! Somit wäre der Aus­flug für den Jugend­li­chen vor­zei­tig zu Ende gewesen.

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